Auf den ersten Blick wirken Berge ewig. Majestätisch, unbewegt, uralt. Sie ragen in den Himmel wie stille Zeugen einer Zeit jenseits unseres Maßes. Und doch – sie lehren uns vielleicht mehr über Vergänglichkeit als alles andere.
Der Stein, der zerfällt
Wer aufmerksam geht, sieht: Selbst der härteste Fels bricht. Wind, Wasser, Frost – Kräfte, die geduldig, beinahe zärtlich wirken, formen über Jahrhunderte ganze Landschaften um. Geröllfelder erzählen von einst stolzen Gipfeln. Lawinenrinnen, von Umbrüchen. Die Berge verändern sich – langsam, aber unaufhaltsam.
Diese stille Umformung erinnert an den Wandel in unserem eigenen Leben. Nichts bleibt, wie es ist. Körper verändern sich. Beziehungen. Gedanken. Selbst unser Ich-Gefühl. So wie der Berg nicht ewig gleich bleibt, so trägt auch unser Dasein den Stempel der Vergänglichkeit.
Schönheit im Wandel
Im Frühling grün, im Sommer weit, im Herbst golden, im Winter karg – jede Jahreszeit legt einen neuen Schleier über die Landschaft. Und jeder dieser Zustände hat seine eigene Schönheit.
Was die Natur uns zeigt: Vergänglichkeit ist kein Verlust – sie ist Formwandel. Sie ist Bewegung, Tanz, ständiges Neuwerden. Nur weil etwas vergeht, heißt es nicht, dass es weniger wertvoll ist. Im Gegenteil: Die Zeit verleiht jedem Moment Tiefe und Bedeutung.
Anicca – das Herz des Dhamma
Im Buddhismus ist Anicca – die Lehre von der Vergänglichkeit – ein zentrales Element. Alles, was entsteht, vergeht. Und doch kämpfen wir oft gegen diesen natürlichen Fluss an. Wir wollen festhalten, bewahren, kontrollieren.
Die Berge lehren uns das Gegenteil: Sie lassen los, ohne Widerstand. Sie brechen, formen sich neu, verschwinden im Nebel – und sind dennoch ganz sie selbst.
Ein stilles Lernen
Wenn ich in den Bergen bin, spüre ich: Ich bin Teil dieses Wandels. Auch meine Gedanken kommen und gehen wie Wolken über dem Grat. Auch mein Leben ist eingebettet in den großen Rhythmus der Elemente.
Die Berge fordern keine Worte. Sie predigen nicht. Sie lehren durch Sein. Wer still wird, hört vielleicht: Die Vergänglichkeit ist kein Feind – sie ist ein Lehrer.